Reisetagebuch

2.6. - 8.6.2004


040602_01Weil das Wetter am Mittwoch ziemlich gut aussah, beschlossen wir nach Piha zu fahren. Dieser Strand, der westlich von Auckland liegt, ist bekannt als Surfstrand und berüchtigt für die gefährlichen Strömungen im Meer, die jedes Jahr einigen Schwimmern und Surfern das Leben kosten. Im Fernsehen gibt es sogar die Sendung "Piha Rescue", in der man sehen kann, wie die Schwimmer und Surfer gerettet werden. Zu dieser Jahreszeit ist jedoch nicht allzu viel los am Strand, und deshalb schauten wir uns nur kurz um und fuhren dann wieder etwas aus der Ortschaft heraus, um zu den Kitekite Falls zu spazieren.040602_05 Bevor wir aber Piha verliessen, hielten wir noch bei einem Aussichtspunkt an, wo wir die recht beeindruckende Aussicht auf den Strand mit dem Lions Rock genossen, der für die Māori von grosser Bedeutung war, und dessen Form entfernt an einen liegenden Löwen erinnert. Ein bisschen ausserhalb von Piha fanden wir dann einen Parkplatz, von dem ein Weg zu den Kitekite Falls führte. Wir erwarteten, dass wir auf einem Rundwanderweg unten bei diesem Wasserfall vorbeikommen würden und waren dann sehr überrascht, als wir uns plötzlich oberhalb des mehrstufigen, recht hohen Wasserfall befanden, und nur noch ein kleiner Wanderweg weiter führte. Dieser Weg war ziemlich ausgesetzt und auch recht glitschig, so dass Nicole buchstäblich weiche Knie bekam und wegen ihrer Höhenangst nicht mehr weiter konnte. So spazierten wir zum Lutz zurück und beschlossen, noch den Rundwanderweg zu suchen, der für Nicole kein Problem sein sollte. So fuhren wir dann nochmals nach Piha zurück und fanden den Anfang des Wanderweges sehr schnell. Der zweite Spaziergang des Tages hat sich dann gelohnt: der Wasserfall fiel in mehreren Kaskaden ins Tal hinunter und war wirklich sehr schön zum Anschauen. Im Sommer könnte man im Becken sogar baden! Auf dem Rückweg nach Auckland hielten wir dann noch in Titirangi an, wo wir eine deutsche Konditorei fanden. Am Abend gab es dann den geräucherten Kingfish zusammen mit Gschwellti, mmmmh war das gut…

040603_01Am Donnerstag fuhren wir nochmals in die Outlet Mall nach Onehunga, wo wir aber nichts fanden, das wir brauchten. Zum Znacht beschlossen wir nochmals in ein indisches Restaurant in Downtown Auckland zu gehen, wo wir wiederum ausgezeichnete Gerichte geniessen konnten. Vorher waren wir aber noch im Kino, wo wir den sehr empfehlenswerten Film Eternal Sunshine of the Spotless Mind mit Jim Carrey und Kate Winslet in den Hauptrollen sahen. Die Geschichte des Filmes ist auf eine sehr interessante Weise erzählt, und der Film regt einen sicher zum Nachdenken an!

040604_01Am Freitag war das Wetter nicht allzu gut, aber trotzdem fuhren wir nach Miranda, etwa eine Stunde südlich von Auckland, wo wir Vögel beobachten wollten. Die Reise dorthin, die uns der Küste entlang führte, war sehr schön, und wir konnten riesige Vogelschwärme sehen, die das Watt nördlich von Miranda bevölkern. In Miranda selber wurden wir dann leider enttäuscht: das Visitor Center war leider geschlossen, und gerade als wir dort ankamen, fing es an zu regnen. Trotzdem beschlossen wir, zu einem kleinen Unterstand zu spazieren, wo man Vögel beobachten kann. Der relativ kurze Weg dorthin, führte uns unter anderem an einem Mangroven-Sumpf vorbei, wo wir Dutzende von kleinen Krabben beobachten konnten, die sich aber jeweils schnell im Wasser versteckten, wenn wir uns näherten. Das Vogelbeobachtungshäuschen war dann aber eine weitere Enttäuschung. Der ganze Boden war ein riesiger Teich, so dass wir nicht einmal hineinkonnten. Vögel hatte es dort auch nur vereinzelte, und so gingen wir gleich wieder zum Lutz zurück und fuhren wieder nach Auckand, wo wir noch etwas shoppen gingen. Am Abend waren wieder einmal Craigs Kinder, Henry und Isabella, im Haus, das sie das verlängerte Wochenende in Auckland verbrachten. Jeweils am ersten Montag im Juni wird der Geburtstag der Queen gefeiert und ist deshalb ein Feiertag.

040605_02Am Samstag stand für Nicole die erste Etappe des Queen's Birthday 3-Day Orienteering Event auf dem Programm. Didi hatte sich nicht dafür angemeldet, und so fuhr Nicole alleine nach Waiuku, etwa eine Stunde südwestlich von Auckland. Sie musste feststellen, dass man in Neuseeland als Orientierungsläufer wohl besser ein Auto mit Vierradantrieb hätte, denn kurz vor dem Parkplatz musste sie einen glitschigen Feldweg hochfahren, der so steil war, dass Lutz mitten drin nicht mehr weiterfahren wollte, denn die Räder drehten durch. Die darauf folgenden Anfahrversuche nützten nichts, und schliesslich hatte der Parkplatzeinweiser erbarmen und bot Nicole an, den Lutz hochzufahren, denn er kenne sich aus mit Vans. Er brachte dann den Lutz ohne grosse Probleme auf den Parkplatz hoch, und Nicole hoffte einfach fest, dass sie dann auch ohne Probleme wieder hinunterfahren könne. Die erste Etappe des drei-Tage-OLs fand auf Farmgebiet in Küstennähe auf der Karte "Kelland Road" statt. Der Lauf war etwa so, wie ein Lauf in der Schweizer Alpen oberhalb der Baumgrenze, einfach ohne Steine und Felsen, dafür mit wunderschöner Aussicht auf das Meer und die Küste (die Kühe und Kuhtrampelwege fehlten auch nicht). Das Gebiet war recht hügelig, mit vielen Kuppen und Senken und zum rennen ziemlich schnell, aber weil es viele kleine Täler hatte, war es recht anstrengend und ermüdend und vergleichbar mit den Gräben und Tälern im Emmental. Nicole startete in der Kategorie W21A (etwa vergleichbar mit DA in der Schweiz) und stellte vor allem gegen Ende ihres Laufes fest, dass sie schon lange nicht mehr so lange gelaufen war. Einige kleine Fehler kosteten zusätzlich etwas Zeit, so dass sie schliesslich auf den dritten Rang lief von nur vier Teilnehmerinnen. Beim letzten Posten fing es heftig an zu regnen, so dass Nicole nach ihrem Lauf nicht mehr lange blieb und froh war, dass sie ohne Probleme vom Wettkampfgelände wegfahren konnte. Hätte sie noch etwas länger gewartet, wäre es wohl noch schlammiger geworden, und Lutz wäre allenfalls nicht mehr weggekommen. Ob sie alle Posten richtig hatte, wusste sie übrigens nicht, denn als sie ins Ziel kam, war das Sportidentsystem zusammengebrochen, und es wurde ihr erklärt, dass sie erst am nächsten Morgen auslesen könne. Auf dem Rückweg nach Auckland besorgte Nicole dann noch einige Parisette und etwas Weisswein, denn am Abend bereiteten wir das Fondue zu, dass Didi von seinen Eltern zum Geburtstag erhalten hatte. Ein Fondueset hatten Craig und Chelsea zwar nicht, aber es funktionierte dann auch in einer normalen Pfanne ohne Rechaud. Vor allem Henry freute sich sehr über das Fondue, denn als Asterix-Fan kannte er natürlich "Asterix bei den Helvetiern" und fragte schon im Voraus, ob wir dann auch eine Orgie hätten, eine Toga tragen müssten und für verlorene Brotstücke in einem See versenkt würden. Er war dann beruhigt, als ihm Nicole erklärte, dass er einfach ein Lied singen müsse. Nach dem Znacht überraschte Nicole noch ihr Grossmami, als sie ihm telefonisch zum Geburtstag gratulierte…

040606_01Am Sonntag kam dann Didi auch mit an den OL, und Nicole war froh, dass er dieses Mal den Lutz fuhr, denn die Anfahrt war wieder sehr schlammig. Die zweite Etappe fand auf der Karte "Otakanini Coastal" im Woodhill Forest, der sich nordwestlich von Auckland befindet, statt, und für Nicole war es einer der schönsten Läufe, an denen sie je gewesen ist. Die Karte bestand aus einem schmalen Streifen Wald an der Küste, und einige Posten wurden sogar auf mit gras- und kleinen Büschen bewachsene Sanddünen gesetzt. Im Wald war es recht gut belaufbar, und weil es dort sehr flach ist, musste man sehr gut aufpassen, dass man die Richtung beibehielt und bei der richtigen Senke oder der richtigen Kuppe suchte. Es war also recht anspruchsvoll, was Nicole sehr gut gefiel. Zudem spielte das Wetter gut mit, und man konnte das Meer ständig sehen oder hören. Nicht nur OL auf Sanddünen war neu für Nicole, speziell fand sie auch, dass schwarze Kreuze auf der Karte nicht wie in der Schweiz Wurzelstöcke darstellten, sondern alte Marihuana Anpflanzstellen, bei denen man noch Plastik und Stecken sehen konnte. Marihuana Pflanzen selber waren aber keine mehr zu finden, das hätte ja wohl auch gegen jegliche Dopingregel verstossen… Der Lauf gelang ihr sehr gut und sie machte praktisch keine Fehler, was ihr schliesslich zum zweiten Rang reichte. Während Nicole im Wald war schaute Didi den neuseeländischen und australischen Eliteläufer und -läuferinnen zu, die an diesem 3-Tage OL einen Länderkampf austrugen. Einige Aufregung entstand am Ziel als zwei Motocross-Töffs mit Höllentempo aus dem Wald in die Zielgerade einbogen. Nur dank dem geistesgegenwärtigen Eingreifen von zwei Funktionären konnten die beiden Töfffahrer daran gehindert werden, den Läufern im Schlussspurt entgegenzurasen. Nach dem Lauf, mit dem Nicole deutlich besser zufrieden war, als mit jenem vom Vortag, fuhren wir nach Parakai, wo wir uns im Thermalbad erholen wollten. Das Bad war allerdings nicht so schön und vielfältig wie dasjenige von Waiwera, so blieben wir nicht allzu lange dort.

040607_01Die letzte Etappe des 3-Tage OLs fand dann am Montag auf der Karte "Hobbit Woods" auch im Woodhill Forest statt. Das Gelände und auch die Karte waren derjenigen vom Sonntag recht ähnlich, aber der Lauf war einiges schwieriger als die zweite Etappe, wie Nicole bald feststellte. Noch mehr als am Sonntag waren Posten in den Sanddünen gesetzt, die sich alle extrem glichen, und die Sichtbarkeit war viel schlechter, was die Orientierung sehr schwierig machte. Es kommt selten vor, dass Nicole nicht mehr weiss, wo auf der Karte sie steht, aber an diesem Lauf war sie gleich dreimal ziemlich ratlos und musste sich neu auffangen, was jeweils Zeit kostete. Im Ziel stellte sie dann aber fest, dass sie wohl nicht die einzige war, die Fehler machte, denn ihr Rückstand auf die Siegerin war nicht so gross, wie zuerst erwartet, und es reichte ihr sogar auf den zweiten Rang der Gesamtwertung. Nach dem Lauf schaute sie noch ein wenig den Eliteläufern zu, bis es klar war, dass die Kiwis die Aussies geschlagen hatten. Weil es dann stark zu regnen begann, machte sie sich wieder auf den Weg zurück nach Auckland. Nachdem sie sich ein wenig ausgeruht hatte, gingen wir noch zum letzten Mal gross einkaufen, denn wir hofften immer noch, am Dienstag Lutz verkaufen zu können, und so mussten wir unseren fahrbaren Untersatz noch ausnützen. Auch mussten wir noch Lutz putzen gehen, den man vor lauter Dreck nach diesen drei Tagen OL kaum mehr wiedererkannte…

040608_02Weil wir am Dienstagmorgen noch immer keine weiteren Anfragen wegen Lutz hatten, beschlossen wir zu der Post zu spazieren, um dort eine weitere Registration für drei Monate machen zu lassen, weil die alte an diesem Tag abgelaufen war, und wir fanden es etwas riskant, in Auckland keine Registration zu haben. Auf dem Heimweg gingen wir dann noch einmal zu der deutschen Bäckerei, wo wir uns ein feines Gipfeli zum Zmorgen gönnten. Kurz darauf stellte Nicole fest, dass sie eine SMS erhalten hat, und da erkundigte sich doch tatsächlich jemand wegen Lutz! Wieder zu Hause rief Didi gleich die Nummer an und vereinbarte mit dem Interessenten, dass wir Lutz etwas später vorführen würden. Das hiess für uns, dass wir in aller Eile noch schnell das Gröbste herausstaubsaugen mussten und allen Abfall entsorgen.040608_08 Frisch herausgeputzt fuhren wir daraufhin los, in der Hoffnung, dass wir auf dem Rückweg zu Fuss sein würden. Der "Interessent" stellte sich als zwei brasilianische Studenten heraus, die gleich von Lutz begeistert waren, denn sie brauchten ein so grosses Auto für ihr Hobby Surfen. Auf der darauf folgenden Probefahrt zeigte sich Lutz von seiner besten Seite, und nicht einmal die Lämpli leuchteten auf. Wir machten die beiden Brasilianer zwar auf das Problem aufmerksam, erklärten aber, dass es nicht weiter schlimm sei (wir hatten uns ja schliesslich auch acht Monate lang damit abgefunden). Auf einer Post holten wir uns schliesslich Formulare, um den Verkauf offiziell zu machen, und so wechselte Lutz für NZ$ 700 den Besitzer. Schliesslich verabschiedeten wir uns von den beiden netten Brasilianer, und gerade als sie abfahren wollte, leuchteten Lutz' Lämpli wieder einmal auf. Naja, wenigstens konnte dann Didi den beiden noch genau erklären, wie man sich in einer solchen Situation verhalten muss: Gas geben! Der Abschied von Lutz war schon etwas traurig, aber wenigstens wussten wir ihn ja in guten Händen. Den Namen Lutz würde er übrigens leider nicht behalten, wie uns die Neubesitzer gleich verrieten, da das der Name des Chefs der beiden Brasilianer ist, und sie natürlich nicht ständig an ihn erinnert werden wollten! Vom Verkauf des Lutz beflügelt und das schöne Wetter geniessend, machten wir uns dann zu Fuss auf den Weg zum Cornwall Park und One Tree Hill auf, um dort noch einige Fotos von unserer Trainingsstrecke zu schiessen. Recht hungrig kamen wir dort an und gingen deshalb zuerst einmal ins Café. Wir hatten Glück, denn wir waren fast die letzten Kunden, die noch eingelassen wurden und kamen so in den Genuss von feinen Scones und heisse Schoggi und Tee. Der Spaziergang auf den One Tree Hill war schliesslich wunderschön. Das Wetter zeigte sich wirklich von der besten Seite, und obwohl es eigentlich recht kalt war, konnte man sich doch an der Sonne etwas wärmen. Am Abend machten wir uns dann noch eine feine Pizza, und Didi half Chelsea bei allerlei Computer-Problemen. Natürlich vergass er auch nicht, seiner Schwester Vreni telefonisch zum Geburtstag zu gratulieren…